Familienfoto:
Rückwärts v.l.n.r.: Gregor jun., Franz, Ida, Vater Gregor sen., Mutter Barbara
Vorne v.l.n.r.: Anna, Willibald, Kristian
Geboren am: 18. Jänner 1920, Kärnten, Österreich
Wohnort: St. Martin/Techelsberg
Eltern: Vater: Gregor Wohlfahrt sen., geb. 10.3.1896, gest. 8.11.1939 enthauptet in Berlin-Plötzensee
Mutter: Barbara Struckl, geb. 20. Jänner 1898, gest. 13. Oktober 1996
5 Geschwister: Gregor, geb. 24.7.1921, Ida, geb. 3.4.1923, Kristian, geb. 11.10.1924, Anna, geb. 25.8.1926, Willibald, geb. 15.12.1927
Verheiratet am 13. Oktober 1945 mit: Maria, geb. Stossier, geb. 6. Mai 1921
Kinder: Johanna, geb. 1946, Wilma geb. 1947, Greg geb, 1953 und Heidi-Betti, geb. 1957
Inhaftierungen:
März 1940 Reichsarbeitsdienstlager Dietersdorf bei Fürstenfeld (Steiermark)
April bis Mai 1940 Gestapogefängnis Graz (Steiermark)
29. Mai 1940 Sondergericht Graz, Verurteilung zu 5 Jahren Zuchthaus
Juni bis Herbst 1940 Strafanstalt Karlau, Graz
Überstellung – eine Woche Gefängnis Wien (Wohlfahrt sollte nach Lundenburg, ein Zwangsabeitslager in der Tschechoslowakei kommen)
Franz Wohlfahrt besuchte die Volksschule in St. Martin am Techelsberg zusammen mit Anton Uran. Mit 16 Jahren begann er eine Malerlehre. Er wohnte bei seinem Meister und besuchte die Berufsschule.
Ein schon etwas älterer Priester, der vor der NS-Herrschaft aus Deutschland geflüchtet war, unterrichtete Religion in der Schule. Wenn die Schüler ihn mit „Heil Hitler!“ grüßten, zeigte er sein Missfallen, indem er fragte: „Wo bleibt da bloß der Glaube?“
Franz nutzte die Gelegenheit und fragte ihn, warum Katholiken Titel wie „Eure Eminenz“ und „Heiliger Vater“ benutzten, da doch Jesus sagte, alle seine Nachfolger seien Brüder. Der Priester gab zu, dass diese Gepflogenheit verkehrt sei. Er selbst habe Schwierigkeiten gehabt, da er sich geweigert habe, sich vor dem Bischof niederzubeugen und dessen Hand zu küssen.
Franz fragte weiter: „Wie kann es sein, dass die Kirche ihren Segen gibt, wenn Katholiken andere Katholiken töten?“ Der Priester entgegnete: „Das ist eine wahre Schande! Das darf nie wieder passieren. Wir sind Christen und die Kirche sollte sich nicht in den Krieg einmischen.“
Dieser Priester war einer der wenigen, die sich weigerten, mit „Heil Hitler!“ zu grüßen. Eine Woche später wurde er durch einen anderen Priester ersetzt. Als dieser ins Klassenzimmer trat, schlug er als erstes die Beine zusammen, hob den Arm und sagte: „Heil Hitler!“
Vater Gregor wies Franz darauf hin, wie wichtig es sei, eindeutig Stellung zu beziehen. 1939 ließ er sich als Zeuge Jehovas taufen.
[title size=“3″]Einberufung zum Reichsarbeitsdienst – Verurteilung zu 5 Jahren Gefängnis[/title]
Franz Wohlfahrt wurde im März 1940 zum Arbeitsdienst in das RAD-Lager (Reichsarbeitsdienstlager) Dietersdorf bei Fürstenfeld eingezogen. Dort geriet er sofort mit seinen Vorgesetzten in Konflikt, weil er sich weigerte, eine Uniform zu tragen, an paramilitärischen Übungen teilzunehmen und den Hitlergruß zu sprechen.
Die RAD-Führer versuchten, seinen Widerstand mit einer einmonatigen Bunkerhaft bei Wasser und Brot zu brechen, 33 Tage lang musste Wohlfahrt auf einem Brett schlafen, durfte sich weder rasieren noch die Kleidung wechseln.
Gleichzeitig versuchten einzelne Vorgesetzte, ihn durch Erniedrigungen und Überzeugungsversuche zur Anpassung zu bewegen. Als Franz Wohlfahrt sich davon nicht beeindrucken ließ, wurde er im April 1940 der Gestapo in Fürstenfeld übergeben und nach Graz überstellt, wo ihm bereits am 29. Mai 1940 der Prozess gemacht wurde. Das Sondergericht Graz verurteilte ihn wegen „Wehrkraftzersetzung“ zu fünf Jahren Zuchthaus. Er wurde als „Kriegstäter“ inhaftiert.
Im Vergleich zu seinem Vater und zu seinem Bruder Gregor hatte Franz Wohlfahrt das Glück, vor ein ziviles Gericht gestellt worden zu sein, das im Urteil seine Jugend berücksichtigte. Der Richter des Militärgerichts, vor dem 1942 gegen seinen Bruder Gregor verhandelt wurde, erkannten die Minderjährigkeit des Angeklagten nicht als strafmindernd an und verurteilten ihn, wie 1939 bereits den Vater zum Tode.
[title size=“3″]Überstellung in das Gefangenenlager Rollwald/Rodgau[/title]
Im Lager Rollwald wurde Franz Wohlfahrt zunächst bei Entwässerungsarbeiten eingesetzt, eine harte Arbeit, bei der die Gefangenen außer in den Wintermonaten bei jedem Wetter ohne geeignetes Schuhwerk im Wasser standen. Als die Drainagearbeiten wegen der kalten Winterwitterung eingestellt wurden, musste Wohlfahrt Kultivierungsarbeiten im Rheintal leisten. Die Gefangenen wurden trotz der eiseigen Kälte auf offenen Lastwagen dorthin transportiert.
Lagerleiter Paul M. behandelte Franz Wohlfahrt schlecht, schrie ihn an und bedeutete ihm, dass er den Krieg nicht überleben werde. Franz führte dieses rüde Verhalten darauf zurück, dass er aus Österreich mit einem Vermerk in seiner Gefangenenakte eingeliefert worden war, er sei ein gefährlicher und fluchtverdächtiger Gefangener.
Die Lage besserte sich für ihn mit dem Wechsel im Amt des Lagerleiters. Als 1943 der neue Lagerleiter Karl Stumpf erfuhr, dass Franz Wohlfahrt gelernter Maler war, übertrug er ihm die Renovierung seiner Dienstwohnung. Frau Stumpf hatte Mitleid mit dem abgemagerten jungen Mann und gab ihm zu essen. Sie war es nach Franz Wohlfahrts Erinnerungen auch, die dafür sorgte, dass ihm weiterhin Instandhaltungsarbeiten an den Beamtenhäusern aufgetragen wurden, so dass er durch die private Verpflegung allmählich wieder zu Kräften kam. Franz Wohlfahrt konnte sich nun bei seinen Außenaufträgen unbewacht bewegen.
Bei Renovierungsarbeiten lernte Wohlfahrt die Familie Lachmund kennen, die in einem der Erbhöfe beim Lager wohnte. Obwohl persönliche Kontakte zu den Häftlingen für Lagerfremde unter strenger Strafe standen, unterhielt sich das Ehepaar Lachmund mit dem jungen Zeugen Jehovas, versorgte ihn mit Lebensmitteln und, als er an Ruhr erkrankte, mit Haferschleim und Medikamenten. Schließlich organisierten die Lachmunds sogar in ihrer Wohnung heimliche Treffen des Gefangenen mit seinen Angehörigen. Franz Wohlfahrts Mutter sowie seine damalige Verlobte und spätere Ehefrau Maria waren jeweils mindestens einmal zu Besuch, Maria wahrscheinlich sogar mehrmals. Die Eheleute Lachmund gaben sie als ihre eigenen Verwandten aus. Da sie erst seit den 1930er-Jahren in Nieder-Roden lebten, kannten die Nachbarn ihre Angehörigen nicht.
Die Zusammenkünfte mit Franz Wohlfahrt auf dem Erbhof können allerdings nur mit Hilfe eines höheren Lagerbeamten, vielleicht sogar des Lagerleiters selbst, zustande gekommen sein, der Wohlfahrt jeweils zum Zeitpunkt der Besuche zu Arbeiten auf den Erbhof beorderte.
Auch wenn es Franz Wohlfahrt in den letzten Kriegsjahren im Lager Rollwald vergleichsmäßig gut erging, war er ständig in Lebensgefahr, weil ihm der Gestellungsbefehl zur Wehrmacht drohte.
Wohlfahrt war aus tiefer religiöser Überzeugung nicht zum Waffendienst bereit. Wenn er den Kriegsdienst verweigert hätte, wäre er, wie sein Vater und sein Bruder (…) hingerichtet worden.
[title size=“3″]Aufarbeitung der Vergangenheit[/title]
Franz quälten Alpträume. In der Nacht ist er oft schweißgebadet aufgewacht. Die Angst war jahrelang sein Begleiter. Dann begann er die Vergangenheit aufzuarbeiten. Er fuhr zurück zu den Stätten seiner Qual. Er besuchte die Familie Lachmund, andere Wachmänner und Mithäftlinge und Karl Stumpf. Der ehemalige Lagerleiter hatte Wohlfahrt im Jahr 1961, also 16 Jahre später, sofort wiedererkannt.
„Aber Herr Wohlfhart, schauen Sie jetzt gut aus! Den Wohlfahrt werde ich nie vergessen. So jung wie er war, war er doch bereit, für seinen Glauben sein Leben zu geben. Darum habe ich mich so verpflichtet gefühlt, Ihr Leben zu retten“ erinnert sich Wohlfahrt an die Begrüßung des Karl Stumpf.
Franz und seine Frau Maria besuchten andere Überlebende, tauschten Gedanken, Ängste und Gefühle aus und redeten, redeten, redeten ….
Quelle:
Buch: Das Lager Rollwald, Strafvollzug und Zwangsarbeit 1938 bis 1945, Heidi Fogel, Seite 288 ff.
Buch: In tiefer Nacht beginnt der Morgen, Franz Wohlfahrt überlebt den NS-Terror, Lieselotte Wölbitsch, 2017, ISBN 978-3-7086-0957-7
Buch: Für alles bin ich stark durch den, der mir Kraft verleiht, Widerstand und Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus in Kärnten. Gerti Malle, 2011 Kitab-Verlag Klagenfurt-Wien
Rehabilitation am 11.5.2004.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.